Apothekenhonorar – Freie Apothekerschaft verklagt die Bundesrepublik Deutschland

Thema Nr. 1 in der Apothekenwelt ist seit Jahren der Festzuschlag gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV), das sog. Apothekenhonorar. Der Festzuschlag auf rezeptpflichtige Arzneimittel bildet nach wie vor die maßgebliche Einnahmequelle für Apotheken. Trotz Inflation, steigender Kostenquote und immer neuen Aufgabenübertragungen ist der Festzuschlag seit über zehn Jahren nicht erhöht worden und liegt nur geringfügig über dem Niveau im Zeitpunkt seiner Einführung im Jahr 2002. Die durch die nunmehr zwanzigjährige Stagnation des Festzuschlags bewirkte Abkopplung der Apotheken von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ist eine der Hauptursachen für das weithin sichtbare „Apothekensterben“ in Deutschland.

Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft: „Diese Behandlung eines wichtigen Leistungserbringers im Gesundheitswesen ist beispiellos. Insofern waren wir als Verein sehr dankbar, als eins unserer Mitglieder im vergangenen Jahr ein Rechtsgutachten zu den Erfolgsaussichten einer Klage mit dem Ziel einer Anpassung des Festzuschlags in Auftrag gegeben hat und haben die Kosten des Gutachtens übernommen.“

Das Kurzgutachten kam zu dem Ergebnis, dass das zuständige Bundeswirtschaftsministerium eine Pflicht zur Anpassung des Festzuschlags hat. Nach dem Willen des parlamentarischen Gesetzgebers soll eine Anpassung an die Kostenentwicklung der Apotheken regelmäßig auf Grundlage einer Überprüfung im Zweijahresrhythmus erfolgen (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 166)

Hänel: „Es ist leicht festzustellen, dass dieses nicht erfolgt ist. Insofern haben wir das Team um Dr. Fiete Kalscheuer, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, von der Kanzlei BROCK MÜLLER ZIEGENBEIN mit der Einreichung einer Feststellungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland beauftragt.“

Als Kläger treten vier Mitglieder der Freien Apothekerschaft auf. Gerichtlich vertreten werden sie durch Dr. Fiete Kalscheuer (Kiel), Fachanwalt für Verwaltungsrecht. Sprecher des Klagekonsortiums ist Vorstandsmitglied Reinhard Rokitta. Die Klage wird dem Verwaltungsgericht Berlin Anfang April zugestellt.

Gestützt wird die Klage durch ein umfassendes ökonomisches Gutachten von Prof. Dr. Andreas Kaapke (Ludwigsburg), der bereits 2008 eine umfangreiche Studie zur Arzneimittelversorgung in Deutschland veröffentlicht hat. Nachdem das vom Bundeswirtschaftsministerium in Auftrag gegebene sog. 2HM-Gutachten aus dem Jahr 2017 in der Fachwelt aufgrund methodischer Mängel, falscher Grundannahmen zur ökonomischen Situation der Apotheken und einer unzureichenden Berücksichtigung ihres gesetzlichen Versorgungsauftrags heftiger Kritik ausgesetzt war, existiert mit dem Gutachten von Prof. Dr. Kaapke nunmehr eine aktuelle, wissenschaftlich fundierte ökonomische Untersuchung zum Anpassungsbedarf des Apothekenhonorars.

Hänel: „Recht haben und Recht bekommen, sind bekanntlich zweierlei. Dennoch gehen wir das Risiko einer Klage ein, auch wenn wir wissen, dass nach der Erhöhung des Kassenabschlags, dem Skonto-Urteil und den weiter steigenden Kosten viele Apotheken das wie auch immer geartete Urteil nicht mehr erleben werden. Wir stehen aber mit dem Rücken zur Wand, daher müssen die Zeiten des Hinhaltens der Politik und das bloße Zuschauen der Berufsvertretung vorbei sein. Man darf sich nicht alles gefallen lassen – und dafür steht die Freie Apothekerschaft. Hinzukommt, dass es noch weitaus mehr offene Baustellen gibt, die eventuell auch nur auf dem Klageweg beendet werden können.“ Es sind deshalb bereits weitere Themen, wie etwa das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, in der anwaltlichen Prüfung. Hänel: „Die im Vergleich mit allen anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen unverhältnismäßige Belastung der Apothekerinnen und Apotheker muss ein Ende haben. Wir freuen uns über jedes neue Mitglied, das uns in unseren Bemühungen unterstützt.“

Nachfragen können an info@freieapothekerschaft.de gerichtet werden.