Apothekerschaft fühlt sich verulkt

Der Auftritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf dem Apothekertag in München hat gezeigt: Mit der Apothekerschaft kann man machen, was man will.

Da wird seit einem halben Jahr zwischen ihm und der sog. Standesvertretung ABDA ein Stillhalteabkommen vereinbart – über nichts. Denn, wie sich jetzt herausstellt, soll nun erst nach dem Deutschen Apothekertag verhandelt werden. Spahns Äußerungen auf dem DAT sind hohle Phrasen, und die ABDA macht noch gute Miene dazu. Die Basis wird für dumm verkauft – und wehrt sich nicht einmal.

Die Berufsvertretung lässt es somit zu, dass weiterhin Arzneimittel aus dem Ausland auf Grund eines EU-Urteils von Oktober 2016 zu unterschiedlichen Bedingungen versendet werden können als im Inland. Und auch die Politik wiegelt ab und schaut zu, wie internationale Aktiengesellschaften und ausländische Konzerne weiterhin den inhabergeführten deutschen Apotheken das Wasser abgraben.

Klar ist: Der Umgang der Politik und der Gesetzlichen Krankenversicherung mit den Apothekerinnen und Apothekern ist unanständig.

Seit 14 Jahren ist das Honorar der Apotheken für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln von der Inflationsrate abgekoppelt. Als ob es für Apotheken keine Teuerungsrate gibt. Weder bei den Energie- noch bei den Personalkosten, Mieten oder anderen Kosten des geschäftlichen Betriebes. Im Gegensatz zu allen anderen Branchen können die Apotheken die gestiegenen Kosten nämlich nicht auf die Verbraucher umlegen. So müssen die Apotheken z. B. die Kosten für die Umsetzung der neuesten Richtlinie der EU zum Fälschungsschutz von verschreibungspflichtigen, also krankenkassenrelevanten Arzneimitteln wieder einmal aus der eigenen Tasche tragen – abgesehen vom erhöhten Aufwand sind das monatliche Kosten als auch die Investitionskosten von mehreren Tausend Euro. Dadurch wird das staatlich festgelegte und eigentlich garantierte Apothekenhonorar immer weiter verringert.

Die noch verbliebenen ca. 19.000 Apotheken mit ihren annähernd 150.000 MitarbeiterInnen sorgen durch ihre aufopfernde, tägliche Arbeit und den Notdienst für eine reibungslos funktionierende und lückenlose Arzneimittelversorgung der Versicherten rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Eine Arzneimittelversorgung, die weltweit einmalig ist. Die Apotheken sind inzwischen der „soziale Kitt der Gesellschaft“ geworden, immer persönlich und unkompliziert „barrierefrei“ vor Ort erreichbar zu allen gesundheitlichen Fragen der Patienten.

Die politische Anerkennung und Wertschätzung bleibt hingegen aus. Den wenigen Worthülsen von Politikern kann man gelegentlich entnehmen, dass die Apotheken offenbar gebraucht werden und dass man eine „flächendeckende Versorgung“ aufrechterhalten möchte. Die Taten jedoch sprechen eine andere Sprache! Während die gleichfalls berechtigten Honorarforderungen z.B. der Ärzteschaft quasi jedes Mal abgenickt werden, werden die der Apothekerschaft überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. Im Gegenteil: Politik und Krankenkassen diskutieren – gestützt auf zweifelhafte Gutachten – öffentlich darüber, ob das Honorar nicht noch gesenkt werden soll. Hier tun sich Die Grünen und die FDP in der Missbilligung der Apotheken besonders hervor. Und auch der Auftritt von Jens Spahn in München hat gezeigt, welche „Sympathien“ er für die Apotheken hegt.

Eine öffentliche Wertschätzung blieb aus, und Spahns geplanter Umbau der Arzneimittelversorgung in seiner Amtszeit wird in jedem Fall eines bringen: Weitere Schließungen von Apotheken und Verlust von Tausenden familien- und frauenfreundlicher Arbeitsplätze.

Und die Reaktion der Apothekerschaft? Ohne Rückgrat, Ehre und Selbstbewusstsein ist eines zu befürchten: Ein Einknicken der ABDA vor der Obrigkeit.

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In der „Freien Apothekerschaft“, gegründet 2010, haben sich Apothekerinnen und Apotheker zusammengeschlossen, um die Interessen des Berufsstandes zu vertreten und ihre Situation, politisch wie wirtschaftlich, zu verbessern.