Freie Apothekerschaft fordert weitere Maßnahmen im Koalitionsvertrag

Die vorläufigen Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Pflege und Gesundheit“ hören sich für die Ohren der Apothekerschaft im ersten Augenblick gut an, vor allem die Erhöhung des Fixums auf 9,50 Euro ab Januar 2026. Aber wie so häufig liegt der Teufel im Detail.

Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft: „Die Apotheken wurden in den letzten über 20 Jahren, was die Vergütung angeht, ein ums andere Mal enttäuscht. In der Folge sind an die 5.000 Apotheken wegradiert worden. Wir freuen uns, dass vier unserer fünf Sofortmaßnahmen Eingang in den Koalitionsvertrag gefunden haben. Leider wird in diesem Zusammenhang weder ein Versandverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel erwähnt noch ein Verbot der zahlreichen Bestellplattformen für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Cannabis. Damit wird der Verbraucherschutz von der Politik komplett ignoriert.“

Die von der neuen Bundesregierung nun in Aussicht gestellte Soforthilfe kann in einem ersten Schritt dazu führen, dass das überproportionale Apothekensterben verlangsamt wird. Die Auszahlung der Erhöhung ab Januar nächsten Jahres werden allerdings einige hundert Apotheken nicht mehr erleben. Die Freie Apothekerschaft vermisst zudem eine Perspektive, die einen Fortbestand der Apotheken vor Ort und damit eine qualifizierte Arzneimittelversorgung der Bevölkerung für die nächsten 15-20 Jahre sichert.

In der beim Verwaltungsgericht Berlin eingereichten Honorarklage stützen sich Mitglieder der Freien Apothekerschaft auf ein Gutachten von Prof. Dr. Andreas Kaapke, Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg am Standort Stuttgart. In dem im April 2024 veröffentlichten Gutachten kommt Prof. Kaapke durch die seit über 20 Jahren nicht angepasste Inflation und weitere Kostensteigerungen auf einen aktuellen Vergütungsbedarf von 14,14 Euro pro Arzneimittelpackung zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung. Berücksichtigt man die aktuelle Inflationsrate dürfte der Betrag mittlerweile bei 15 Euro liegen.

Hänel dazu: „Es muss also nach dieser ersten Strukturhilfe schnellstens eine dauerhafte Anpassung des Fixums erfolgen. In der Folge müssen wir so behandelt werden wie der öffentliche Dienst, denn in den meisten Apotheken werden teilweise über 80% des Umsatzes mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln erreicht. Dieser Bereich ist gesetzlich komplett reguliert, da hat die Apotheke keine Möglichkeit eines kaufmännischen Handelns.“ Hänel weiter: „Bei den freiverkäuflichen Arzneimitteln ist die von einigen Politikern aus Unkenntnis geforderte Quersubventionierung auf Grund des Markt- und Preisdrucks u.a. durch ausländische Versender überhaupt nicht möglich. Wir müssen also unser Geld in erster Linie über die Rezepte verdienen. Es kann daher nicht sein, dass wir bei den Unmengen an zu erfüllenden Gemeinwohlaufgaben und gesetzlichen Anforderungen wie Notdienst, Digitalisierung und Lieferengpass-Management noch Geld mitbringen müssen.“

Die Freie Apothekerschaft sieht besonders in der Mindestlohnerhöhung ab 2026 und den darauf folgenden Tariferhöhungen für Apothekenmitarbeiter bereits die nächste Kostenfalle, da erwartungsgemäß u.a. der Pharma-Großhandel, andere Arzneimittel-Lieferanten und Software-Firmen die steigenden und nicht nur inflationsbedingten Kosten auf die Apotheken umlegen. Eine Weitergabe von Kosten über Preiserhöhungen im verschreibungspflichtigen Bereich ist für Apotheken als letzte Institution in der Wertschöpfungskette vom Gesetzgeber untersagt.