Mit großer Verwunderung nimmt die Freie Apothekerschaft die Aussage von Janosch Dahmen, gesundheitspolitischer Sprecher von Bündnis90/Grüne, zur Kenntnis, eine Honorarerhöhung für Apotheken sei „eine Ausgabe nach dem Gießkannenprinzip“. Diese Darstellung verkennt die dramatische Realität, in der sich viele Apotheken bundesweit seit Jahren befinden.
Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft: „Wir haben durchaus Verständnis für die angespannte finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen. Doch gerade deshalb ist es entscheidend, in Strukturen zu investieren, die unverzichtbar für eine funktionierende Gesundheitsversorgung sind. Sparmaßnahmen bei den Apotheken wirken kurzfristig entlastend, doch langfristig richten sie weit größeren Schaden an. Wenn die Politik heute an dieser Stelle einen Euro spart, muss sie morgen womöglich zehn ausgeben – für die Bewältigung von Versorgungslücken, Notfallstrukturen und Kliniküberlastung.“
Die Apotheken warten seit über 20 Jahren auf eine Anpassung der Vergütung, die gesetzlich sogar festgeschrieben ist. Der staatliche Auftrag der Arzneimittelversorgung, der von Jahr zu Jahr mit zusätzlichen Aufgaben ohne jegliche Kostenerstattung erweitert wurde, implementiert geradezu einen Schutz der Apotheken und insbesondere eine Anpassung auf der Grundlage der Inflation.
Hänel: „Nicht vergessen darf die Politik, wie viele Milliarden durch die Leistung der Apotheken eingespart wurden – zugunsten der Krankenkassen und der staatlichen Finanzen. Die flächendeckende Arzneimittelversorgung steht vielerorts bereits in Flammen. Mit jeder weiteren Apothekenschließung gerät die wohnortnahe Versorgung in akute Gefahr. Es geht hier nicht um das gleichmäßige Begießen gesunder Pflanzen – es geht um gezieltes Feuerlöschen, wo es bereits brennt. Eine angemessene Honoraranpassung ist keine Streuung von Wohltaten, sondern eine überfällige Maßnahme zur Schadensbegrenzung.“
Hänel weiter: „In dieser Lage von einem „Gießkannenprinzip“ zu sprechen, ist nicht nur unzutreffend, sondern brandgefährlich. Tatsächlich gleicht es eher dem Versuch, ein brennendes Haus mit einem Eimer Wasser zu retten – zu spät, zu wenig. Wenn Apotheken durch Verschulden politischer Kurzsichtigkeit wirtschaftlich nicht überleben können, entstehen Versorgungslücken, die sich nicht einfach schließen lassen – besonders nicht durch den Arzneimittelversand aus dem Ausland.“
Während die Betriebskosten steigen, der Fachkräftemangel wächst und die Aufgaben der Apotheken kontinuierlich und teilweise ohne Vergütung zunehmen, ist das Apothekenhonorar im Wesentlichen seit über zwanzig Jahren praktisch eingefroren und von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung abgekoppelt. In der Folge geben immer mehr Apotheken auf – mit dramatischen Folgen für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung.
Die Freie Apothekerschaft fordert daher mit Nachdruck eine strukturelle und nachhaltige Anpassung des Honorars – nicht als Belohnung, sondern als notwendige Investition in ein System, das täglich Millionen Menschen versorgt. Wenn die Regierung jetzt zögert, riskiert sie irreparable Schäden in der Arzneimittelversorgung.
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/dahmen-bei-honorarerhoehung-skeptisch-156510/