Rechtswidriger Arzneimittelhandel auf Facebook: Behörden reagieren nicht

Anfang August hat sich die Freie Apothekerschaft eines weiteren Themas angenommen, das viele Mitglieder beschäftigt: Auf Facebook existiert eine öffentliche Gruppe, in der Facebook-Nutzer apotheken- und verschreibungspflichtige Medikamente an private Nutzer des Netzwerks verkaufen. Die Gruppe besteht aus mehr als 250 festen Mitgliedern, wobei die Anzahl der (teilweise anonymen) Nutzer um ein Vielfaches größer sein dürfte. Dieses Vorgehen ist nicht nur sehr gefährlich, sondern auch rechtswidrig. Dies ließ der Verein wiederum von der Kanzlei Brock Müller Ziegenbein aus Kiel überprüfen.

Die Rechtsanwälte Dr. Fiete Kalscheuer und Dr. Nicolas Harding kommen zu dem Ergebnis, dass der private Verkauf entsprechender Arzneimittel als verbotenes Handeltreiben außerhalb von Apotheken gemäß § 43 Abs. 1 S. 2 AMG einzustufen ist. Dieses Verhalten ist nach § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG strafbar. Überdies ist in dem Verkauf der in der Facebook-Gruppe besonders beliebten Medikamente Trulicity bzw. Ozempic oder Tilidin ein Verstoß gegen § 48 Abs. 1 Satz 1 AMG zu sehen, der wiederum gemäß § 96 Nr. 13 AMG strafbewehrt ist.

Der Verein hat daher die Juristen beauftragt, ein Beschwerdeverfahren bei Facebook bzw. beim Meta-Konzern und gegenüber der Bundesnetzagentur einzuleiten. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie das pharmazeutische Dezernat der Bezirksregierung Detmold wurden im Auftrag des Vereins über den Verstoß gegen das Arzneimittelrecht informiert. Das BfArM meldete sich postwendend auf die Initiative der Freien Apothekerschaft und teilte mit, dass auch die Bundesbehörde von einem Verstoß gegen strafbewehrte Vorgaben des Arzneimittelrechts ausgehe.

Erschreckenderweise haben indes weder die Bundesnetzagentur noch die Bezirksregierung Detmold entsprechende Maßnahmen gegen Facebook oder den Meta-Konzern ergriffen. Letztere teilte bisher lediglich mit, davon auszugehen, in örtlicher Hinsicht nicht zuständig sein. Auf weitere Erläuterungen, mit der eine Zuständigkeit der Bezirksregierung wegen der Geschäftsstelle der Freien Apothekerschaft in Bünde begründet wurde, antwortete man in Detmold nur, dass an der Unzuständigkeit festgehalten werde. Mittlerweile hat sich die Freie Apothekerschaft auch an das Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung in Koblenz gewandt und hofft, dass dieses die erforderlichen Schritte einleiten wird. Dazu Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft: „Wir  bedauern es sehr, dass die Behörden sich lieber mit formalen Zuständigkeitsfragen beschäftigen und offensichtlich rechtswidriges Handeltreiben mit verschreibungspflichtigen Medikamenten sehenden Auges in Kauf nehmen als die beantragten Maßnahmen zu ergreifen. Obwohl das BfArM uns darin bestätigt hat, dass die Aktivitäten in der  von uns angezeigten Facebook-Gruppe gegen geltendes Arzneimittelrecht verstoßen, hat sich noch keine Behörde mit den entscheidenden Sachfragen auseinandergesetzt. Tagtäglich werden in der Facebook-Gruppe verschreibungspflichtige Medikamente zwischen Privaten, teilweise auch Minderjährigen, veräußert. Dies ist der Grund dafür, dass wir uns entschieden haben, das BMG und das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales in NRW einzuschalten.“