Urabstimmung im ambulanten Gesundheitswesen

An der Umfrage der IG Med haben zum Stichtag 15.08.2023 bereits nach 5 Tagen insgesamt 1654 teilgenommen, davon 303 Ärzte (18,3%), 213 Zahnärzte (12,8%), 912 Apotheker (55,2%) und 226 medizinische Therapeuten (13,7%). Es handelt sich zwar nicht um eine repräsentative Umfrage, aber das Meinungsbild aller in der ambulanten Versorgung Tätigen aus den Berufsgruppen der Ärzte, Zahnärzte, Apotheker und medizinischen Therapeuten ist mehr als eindeutig.

Von den Teilnehmer sprachen sich 1327 (80,2%) für eine enge Zusammenarbeit in punkto der kommenden Proteste über alle Berufsgruppen in der ambulanten Medizin aus. Bei den Ärzten 74,6 %, Zahnärzten 69,4%, bei den Apothekern 87,7 % und bei den medizinischen Therapeuten 64,8%.

Die Befragten sprachen sich insbesondere für folgende Maßnahmen aus (Mehrfachnennungen waren möglich):

78,2% für einen Generalstreik a la Hartmann, 17,6 % für eintägige Fortbildungsveranstaltungen, 34,0 % für eine Protestveranstaltung am Brandenburger Tor, 13,2% für Livestreams von Sitzungen, 32,8% für Unterschriftenaktionen, 36,7% für eine Informationskampagne für die Patienten, 4,7% hielten das Gesundheitssystem für nicht mehr reformierbar, so dass sie Aktionen für unnötig halten.

Die Forderungen an die Politik werden von den medizinischen Berufsgruppen klar definiert (hier waren ebenfalls Mehrfachnennungen möglich):

1647 der Teilnehmer beantworteten die Fragen nach den Forderungen an die Politik.
An erster Stelle steht der Wunsch nach einem angemessenen Honorar (97,7%), gefolgt von der Forderung nach einem Abbau der Bürokratie (95,6%). 87,5% wollen die Abschaffung von Sanktionen wie Retaxation, Regressen oder Absetzungen. 76,6% wollen eine Priorisierung der Patientenversorgung vor weiteren Digitalisierungsorgien für wichtig. Und 76,9% fordern die Regierung auf, zunächst die Patientenversorgung zu stabilisieren, bevor man an weitere Versorgungsexperimente herangeht.

Folgende Maßnahmen erwartet sich insbesondere die Ärzteschaft von der Krisensitzung der KV respektive von den anderen Verbänden:

Aufkündigung der Verpflichtungen aus dem TSVG 56,8%, Rückbau der Notfallnummer 116 117 auf eine reine Notfallnummer 55,4%, Aufruf an alle niedergelassenen Ärzte und anderer Berufsgruppen zu gemeinsamen Protesten 67%, Erklärung, dass die KVen die Sicherstellung der medizinischen Versorgung nicht mehr gewährleisten können 61%, Auflösung der KV 40,9%.

Auf die Frage, ob unser Gesundheitswesen in der jetzigen Form noch zu retten ist, antworteten nur 9% der Ärzte, dass das derzeitige System seinen Zweck noch erfüllt. 38% waren der Ansicht, dass die selbständige Praxis durch ein staatliches Gesundheitssystem von politischer Seite ersetzt werden soll. 29% denken, dass Konzerne die selbständigen Praxen übernehmen werden. 5% sehen die Kliniken als Konkurrenz der Praxen und zukünftigen Player in der ambulanten Versorgung und 18% wagten keine Einschätzung, wie sich das Gesundheitswesen entwickeln wird.

Fazit:
Immerhin sehen noch 95% der Befragten eine Chance für unser Gesundheitswesen – allerdings nur dann, wenn die Politik die Forderungen nach einer angemessenen Honorierung, den Bürokratieabbau und den Abbau existenzgefährdender Regresse, Retaxation und Absetzungen erfüllt.

Allerdings sehen auch nur sehr wenige eine rosige Zukunft für unsere medizinische Versorgung – insbesondere im ambulanten Bereich. Die Gefahren für eine Verstaatlichung unseres Gesundheitswesens oder auch durch eine Übernahme unseres Gesundheitswesens durch große Konzerne werden von den Selbständigen im ambulanten Gesundheitswesen als Bedrohung erlebt.

80% der Befragten würde für die Erfüllung dieser Forderungen auch mehrtägige Schließungen von Praxen und Apotheken mittragen und sehen hier die Berufsverbände, Kammern und KVen in der Pflicht für eine Organisation der Proteste mit entsprechenden Maßnahmen.

Von dem Krisentreffen der KBV am 18.08.2023 soll nach Ansicht der IG Med nun das deutliche Signal ausgehen, dass die Schmerzgrenze für alle im Gesundheitswesen jetzt erreicht ist. Die IG Med befürwortet ausdrücklich die in der Befragung mehrheitlich geforderten mehrtägigen Praxisschließungen.

(Detaillierte Informationen unter www.ig-med.de)